Robo Advisors – vernünftige Anlage-Strategien, aber keine Beratung

Das Geschäftsmodell Robo Advice erfreut sich auch in Deutschland inzwischen wachsender Beliebtheit. Nach den Vorbildern von Betterment und Wealthfront in den USA empfehlen sie ihren Kunden auf der Basis von individuellen Risiko-Ziel-Profilen Investmentportfolios, die sie selbst oder über Bankenpartner anbieten.

Die neuen Robo Advisors

In den letzten 12 Monaten sind in Deutschland mindestens diese Robo Advisors an den Start gegangen (in Klammern: Bank, die bei Nicht-Banken-Startups das Investment-Management übernimmt):

  • Cashboard, Startup, automatisierte Beratung & Investmentangebot (Augsburger Aktienbank)
  • ComDirect, Bank, automatisierte Beratung & Investmentangebot
  • Easyfolio, Startup, automatisierte Beratung & Investmentangebot (Mischfonds-ETF)
  • Financescout24, Online-Plattform mit neuem Robo-Advise-Angebot, automatisierte Beratung & Investmentangebot (eBase)
  • JustETF, Startup, nur automatisierte Beratung
  • Quirion, Bank-Tochter, automatisierte Beratung und Investmentangebot (Quirin Bank)
  • Sutor Bank, Bank, automatisierte Beratung und Investmentangebot
  • Vaamo, Startup, automatisierte Beratung und Investmentangebot (Frankfurter Fondsbank)

So, wie sie sich im Detail unterscheiden, gleichen sich die Robo Advisors in der grundsätzlichen Funktionsweise: Dem potenziellen Kunden werden eine Reihe von Fragen zu seiner Risikobereitschaft, seinen Zielen und seinen finanziellen Verhältnissen (das schon eher selten) gestellt, um ein Risiko-Ziel-Profil zu erstellen. Im zweiten Schritt wird ihm ein für sein Profil passendes Anlageportfolio vorgeschlagen. In der Regel enthalten diese Portfolios passive Aktien- und Rentenfonds, die je nach Profil in einem unterschiedlichen Verhältnis gemixt sind. Typisch sind Standard-Portfolios mit den Aktien-Renten-Verhältnissen 25:75, 50:50, 75:25, 100:0.  Einige Anbieter mischen noch weitere Anlageklassen wie Rohstoffe oder Immobilien bei. Die Gebühren der Robo Advisors liegen meist zwischen 0,3 und ein Prozent des Anlagevermögens, nur wenige Ausreißer liegen darüber.

Vernünftige Anlagestrategien mit passiven Fondsportfolios

Auf der Investmentseite bieten alle Robo Advisors vernünftige, sehr ähnliche Anlagestrategien zu überschaubaren Kosten. Wenn man ein Anhänger passiver Anlagestrategien ist, kann man nicht viel falsch machen. Von der Beratungsleistung kann man dies nicht sagen: Eine wirkliche Beratung des Anlegers findet durchgängig nicht statt – weder inhaltlich noch im rechtlichen Sinne (das gilt übrigens auch für die US-Vorbilder).

Robo Advisors beraten nicht – sollen sie manchmal auch nicht

Inhaltlich bohren die Fragen nicht tief genug, um aus den Antworten ein fundiertes Profil hinsichtlich Risikobereitschaft, -tragfähigkeit und -wahrnehmung abzuleiten. Ohne dieses Profil kann eine tatsächlich individuelle Asset-Allokation jedoch nicht erstellt werden (bei drei bis vier der angebotenen Standardportfolios ist das Raster ohnehin ziemlich grob). Hier scheuen es die Unternehmen, zu viele und zu tiefgehende Fragen zu stellen, um potenzielle Anleger nicht im Profiling-Prozess zu verlieren.

Lieber Execution only statt Beratung – wie man die Geeignetheitsprüfung vermeidet

Vor allem die Nicht-Banken-Startups unter den Robo Advisors – Cashboard, Easyfolio, Vaamo ­–, aber auch ComDirect lassen sich sogar durch die Annahme der AGBs bestätigen, dass sie trotz der Anlagevorschläge keine Beratung im rechtlichen Sinne erbringen. Sie ziehen sich auf einen „Execution Only“-Standpunkt zurück, behaupten also, sie würden die Wünsche des Kunden umsetzen. Sie vermeiden damit, dass sie eine Angemessenheits- und Geeignetheitsprüfung für ihre Finanzprodukte durchführen müssen, wie es sonst bei der Vermögensberatung und der Portfolioverwaltung vorgeschrieben ist. Neben dem Post-Ident-Verfahren gilt sie als einer der Haupt-Conversionskiller beim Abschluss von Finanzproduktverträgen.

Fehlende Beratung: Rendite-Verlust oder zu riskante Portfolios

Durch die fehlende oder unvollständige Beratung der Robo Advisors laufen Anleger einerseits Gefahr, Rendite zu verlieren, weil die Portfolio-Vorschläge zu konservativ sind, andererseits, dass sie bei fallenden Märkten zum falschen Zeitpunkt aussteigen, weil sie zu risikoreiche Portfolio-Empfehlungen erhalten haben.

Fazit: Bedingt Beratungsbereit – das kommt aber noch

Robo Advisors bieten heute schon transparente, kostengünstige und Experten empfohlene Anlagestrategien. Ihre Beratungskomponenten sind aber eher Marketing- und Vertriebstools als fundierte Beratung, wie sogar ihre Entwickler teilweise koinzidieren. Die Beratungsschwäche wird sich auswachsen, wenn mit intelligenten Verfahren, fundierte, aber dennoch einfache und intuitive Profilierungsverfahren entwickelt werden. Spätestens dann wird die Entscheidung zwischen einem Human und einem Robo Advisor zumindest bei weniger komplexen Vermögenslagen eher eine Typ- als eine Qualitätsfrage sein (nur am Rande: Schon heute arbeiten menschliche und maschinelle Berater zum Teil mit den gleichen Profilierungsverfahren).

Leseempfehlungen zum Thema:
Standardisierte Anlageberatung – Jetzt kommen die Roboter, von Dirk Elsner im Wall Street Journal Online

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