Kryptowerte und Blockchain-Technologie – Kurz- und langfristige Strategie-Optionen

Zum 1. Januar 2020 ist mit der Umsetzung der 4. Geldwäscherichtlinie auch das Kreditwesengesetz (KWG) geändert worden. Dort sind nun das neue Finanzinstrument Kryptowert und die ebenfalls neue, erlaubnispflichtige Finanzdienstleistung Kryptowert-Verwahrung gesetzlich definiert.

Obwohl sich für Banken durch die Gesetzesänderung nicht sehr viel verändert hat, scheint die KWG-Änderung in Kreditinstituten eine Art Urknall in der Beschäftigung mit Kryptowährungen und der zugrunde liegenden Blockchain-Technologie ausgelöst zu haben. Die Gründe dafür sowie mögliche Strategien für Banken in der Krypto-Ökonomie werden im Weiteren näher erläutert. Der Begriff Blockchain wird hier synonym genutzt für verschiedene Technologien, etwa Distributed Ledger oder verteilte Datenbanken.

Die Definition des Kryptowerts

Ein Kryptowert ist nach dem Kreditwesengesetz die „digitale Darstellung eines Wertes, der von keiner Zentralbank oder öffentlichen Stelle emittiert wurde oder garantiert wird und nicht den gesetzlichen Status einer Währung oder von Geld besitzt, aber von natürlichen oder juristischen Personen aufgrund einer Vereinbarung oder tatsächlichen Übung als Tausch- oder Zahlungsmittel akzeptiert wird oder Anlagezwecken dient und der auf elektronischem Wege übertragen, gespeichert und gehandelt werden kann.“

Unter diese Definition fallen die bekannten Kryptowährungen (Zahlungstoken) wie Bitcoin, Ether oder Iota ebenso wie Kryptovermögenswerte (Security Token, Investment Token), soweit sie nicht als Wertpapiere gelten – für diese gelten unabhängig von der zugrundeliegenden Technologie deren jeweiligen Regelungen.

Der „Urknall“ für viele Banken: Kryptowerte werden wesentlicher Teil des Finanzmarkts

Auch vor der Gesetzesnovelle durften Banken mit Kryptowerten handeln und sie verwahren. Der Handel war und ist je nach Prozessgestaltung als Eigenhandel oder Finanzkommissionsgeschäft klassifiziert, die Verwahrung war erlaubnisfrei, jetzt müssen Banken für die Kryptoverwahrung eine Erlaubniserweiterung bei der Finanzdienstleistungsaufsicht Bafin beantragen. Für Nicht-Banken, die zuvor Kryptoverwahrung angeboten haben, gilt nun auch eine Erlaubnispflicht. Darüber hinaus gelten sie als Verpflichtete im Sinne des Geldwäschegesetzes (GWG) und müssen ihre Kunden vollständig legitimieren.

Auslöser des „Krypto-Urknalls“ ist wohl, dass die Gesetzeserweiterung nun erstens Rechtssicherheit hergestellt hat und zweitens durch die Erhebung in den „Gesetzstatus“ gleichzeitig klargestellt wurde, dass Kryptowerte und Blockchain-Technologien bleibende und wichtige Faktoren in der Finanzindustrie geworden sind. Banken können und müssen sich deshalb spätestens jetzt damit befassen, wie sie mit Kryptowerten als neuem Finanzinstrument und Blockchain als Infrastruktur-Technologie für das Geld- und Kapitalmarktsystem umgehen.

Kurzfristige und langfristige Krypto-Überlegungen

Kurzfristig bedeuten die Veränderungen, dass Banken sich einige grundlegende Fragen stellen müssen. Dazu zählen insbesondere:

  • Bieten wir unseren Kunden den Handel von Kryptowährungen oder Kryptovermögenswerten an? Und wenn ja, welche und wie?
  • Bieten wir unseren Kunden die Verwahrung von Kryptowährungen oder Kryptovermögenswerten an?
  • Wenn wir nicht in direkte Berührung mit Kryptowerten kommen wollen, wie können wir dennoch an der entstehenden Kryptowirtschaft partizipieren?

Die Fragen für die langfristige Strategieentwicklung lauten:

  • Wie beeinflusst die Blockchain die Technologien im Kern meines Geschäftsmodells – zum Beispiel als Depotbank oder Wertpapierdienstleister?
  • Wie wirkt sich die Blockchain auf mein Geschäftsmodell als Ganze aus?
  • Ist damit „nur“ ein Technologiewechsel verbunden?

Noch gibt es nur wenige Banken, die Kryptowerte-Handel oder -Verwahrung anbieten. Insgesamt bieten sich sehr signifikante Geschäftschancen, die allerdings gegen die unzweifelhaft vorhandenen Risiken abzuwägen sind. Das Risiko der Rechtsunsicherheit ist zumindest partiell durch die Gesetzgebung verschwunden. Aber die Überlegungen für oder wider einen Einstieg werden nicht nur dadurch erschwert, dass sich die Entwicklung der jungen Krypto-Branche nur schwer prognostizieren lässt, sondern auch dadurch, dass jenseits der gesetzlichen Klarstellungen im KWG und GWG bei vielen für Banken wichtigen Themen eine klare Regulierung noch fehlt. Dies betrifft beispielsweise Bilanzierungsregeln und die damit zusammenhängenden Eigenkapital-Auswirkungen, Geldwäschepflichten beim Umgang mit Kryptowährungen oder auch inwiefern für eine bestimmte Token-Ausgestaltung Kryptoverwahrung oder Depotgeschäft als Tatbestand gilt.

Der aktuelle Kryptomarkt als Geschäftschance

In jedem Fall stellt schon der der aktuelle Kryptomarkt eine attraktive Geschäftschance dar: Einerseits weil sich für die Finanzdienstleistungen Premiumpreise erzielen lassen, andererseits weil es einen hohen Bedarf für regulierte Marktakteure gibt. Letzteres nicht nur, weil die Regulierung insgesamt anzieht, sondern auch weil institutionelle Anleger, die Kryptowährungen als neue Anlageklasse sehen, regulierte Partner für Beschaffung, Handel und Verwahrung für Kryptowerte benötigen.

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