Vom DLP Pilot Regime zum Spotify-Moment des blockchainisierten Kapitalmarkt

Die Finanzmärkte stellen den idealen Anwendungsfall für die Blockchain-Technologie dar. Trotzdem gibt es bislang rudimentäre Ansätze, Wertpapiergeschäfts Blockchain-basierend abzuwickeln.. Die Gründe dafür sind vielfältig: Regulierung, die notwendige Koordination einer Vielzahl von Akteuren, die Umgestaltung der Prozesse etc.  Doch neben der Technologie macht auch die Regulierung in der letzten Zeit Fortschritte. Erleben die Kapitmärkte mit der Blockchain jetzt bald ihren Spotify-Moment?

Die Struktur der Kapitalmärkte mit ihrer langwierigen Prozesskette und den vielen beteiligten Parteien sorgt dafür, dass der simple Besitzwechsel eines Wertpapiers zwei Tage dauert (T+2). Vom Trade über Clearing bis zum Settlement sind diverse Intermediäre und Infrastrukturanbieter beteiligt – und die benötigen Zeit. Die meisten der Aktivitäten lassen sich als Vertrauensarbeit charakterisieren: Es geht um Abstimmungen während des Wertetransfers und die Beglaubigung dieser Abstimmungen zwischen vielen Akteuren. Dies zu digitalisieren sind die beiden zentralen Innovationen der Blockchain-Technologie.

Auf einem vollständig Blockchain-basierenden Kapitalmarktsystem finden Trade, Clearing und Settlement in einem automatisierten Schritt End-to-End statt: Durch den Ablauf eines Smart Contracts wechseln tokenisiertes Wertpapier und Geld in einem digitalen Wertetausch den Besitzer. Dies wird dem Registerführer fast ohne Zeitverzögerung angezeigt, der Prozess funktioniert Echtzeitnah, auf jeden Fall mit T=0 und 24/7.

Die meisten Akteure des bisherigen urkundenbasierten Wertpapierhandels werden in diesem Prozess überflüssig. Ihre Abstimmungsarbeiten und Vertrauenspositionen werden nicht mehr benötigt. Vertrauens-, Buchhaltungs- und Settlement-Funktion sind digital-kryptographisch abgebildet. Die Verwahrung von tokenisiertem Geld und Wertpapieren ist in die Blockchain geschrieben. Im traditionellen Wertpapierhandelsprozess stellt die Schlussnote, die an alle Beteiligten verteilt wird, die aktuelle Wahrheit über das Eigentum am Wertpapier fest, die dann in diversen, zentralen Datenbanken festgehalten wird. In Blockchain-basierenden Prozessen ist die Eigentumswahrheit für jeden einsehbar und unfälschbar in der Blockchain festgeschrieben.

Regulierung blockiert die Kapitalmarkt-Innovation

Stellt sich die Frage: Wenn der Kapitalmarkt einer der Parade-Anwendungsfälle für die Blockchain ist, warum gibt es ihn dann noch nicht oder nur in rudimentären Ansätzen? Zumal das elektronische Wertpapier-Gesetz (eWpG) bereits im Juni 2021 die Urkundenpflicht für Wertpapiere abgeschafft und den Weg für ihre Tokenisierung frei gemacht hat. Tokenisierte Wertpapiere wurden seitdem zwar emittiert, der große Durchbruch blieb aber aus. Dies unter anderem, da elektronische Wertpapiere an regulierten Märkten noch nicht gelistet werden dürfen, weil ihnen dazu einige Voraussetzungen fehlen, wie etwa die Einbuchung in das Effektengiro eines Zentralverwahrers. Und auch weil die Art der Wertpapiere auf Schuldverschreibungen, Pfandbriefe und Fondsanteile beschränkt ist und für diese Wertpapiere bislang keine erfolgreichen Zweitmärkte aufgebaut wurden.

Der Aufbau nicht-regulierter Zweitmärkte ist sehr komplex. Auch hier müssen viele Prozesselemente mit diversen Erlaubnistatbeständen zusammengebracht werden: Finanzkommission, Eigenhandel, Anlagevermittlung, Einlagengeschäft, Kryptowerte-Verwahrung und mehr. Diese Komplexität unterläuft die Einfachheit, die die Blockchain-Vision des Kapitalmarkts verspricht. Dagegen erscheint der traditionelle Wertpapierhandelsprozess mit seinen zwar vielen, aber seit Jahrzehnten eingespielten Akteuren, fast schon einfach. So können Anleger bei einem der Neo-Broker ETFs schnell, einfach und preiswert kaufen. ETFs ließen sich heute schon tokenisieren. Aber der Aufwand dafür ist so groß, dass dies nur in den seltesten Fällen Sinn macht.

Regulierung für die Blockchain-Vision

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Ethereum Merge: Überholt Ether mit optimierter Infrastruktur Bitcoin?

Mit dem „Merge“ genannten Umstieg der Ethereum-Blockchain auf ein neues Validierungsverfahren wird ein großer Teil der Kryptowirtschaft nachhaltiger – und leistungsfähiger. Es wird nicht nur ein gewaltiger Energieverbrauch abgeschaltet. Das Ethereum-Netzwerk wird wesentlich schneller und günstiger. Ether kann deshalb mittelfristig den Bitcoin als wichtigste Kryptowährung ablösen.“ Das zeigen auch die Transaktionszahlen.

Infrastruktur wird nicht nur nachhaltiger, sondern auch kostengünstiger

Der Schwenk vom energiehungrigen Proof-of-Work zum einfacheren Proof-of-Stake als Validierungsverfahren der Ethereum-Blockchain ist ein wichtiger Schritt zu einer nachhaltigen, dezentralen Infrastruktur für die tokenisierte Finanzwirtschaft. Immerhin fällt ein Stromverbrauch vergleichbar mit dem der Niederlande einfach weg. Der Betrieb der Blockchain wird aber nicht nur preiswerter, weil weniger Strom verbraucht wird. Auch die Kosten für die Hardware sind geringer: Für die Proof-of-Work-Verfahren sind teure Spezialrechner notwendig, für Proof-of-Work reichen einfache PCs.

Zudem wird mit dem Merge auch der Weg für weitere Optimierungen geebnet. So soll die Leistungsfähigkeit des Ethereum-Netzwerks mittelfristig auf bis zu 100.000 Transaktionen pro Sekunde steigen, kündigt der Ethereum-Erfinder Vitalik Buterin an. Zum Vergleich: Das Bitcoin-Netzwerk schafft etwa sieben Transaktionen pro Sekunde, das Ethereum-Netz bislang rund 15. Das hat dafür gesorgt, dass aufgrund der starken Nachfrage nach Transaktionen deren Preis zum Teil in die Hunderte Dollar stieg – kaum noch rentabel für viele Anwendungen.

Ether könnte auf absehbare Zeit zur stärksten Kryptowährung werden

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Die überschätzte Plattformisierung – die Kundenschnittstelle ist wichtiger

Noch vor drei Jahren war die Plattformisierung der Bankenbranche ein in verschiedenen Versionen stark diskutiertes Thema. Man schaute sich um, ob irgendwo eine Plattform entstehen würde, die die Branche, ähnlich wie Airbnb den Übernachtungsmarkt oder Uber den Personentransport, revolutionieren könnte. Auch die GAFAs, damals Google, Apple, Facebook und Amazon, wurden als mögliche Eindringlinge identifiziert, die mir ihrer Kundenmacht versuchen könnten, im Finanzmarkt zu wildern.

Mit Blick auf die eigenen Geschäftsmodelle gab es die weitverbreitete Ansicht, dass die Banken sich selbst zu Plattformen entwickeln müssten oder zu Lieferanten anderer Plattformen „degradiert“ werden würden. Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing formulierte es auf dem Bankengipfel im August 2018 so: „Entweder wir werden ein ziemlich austauschbarer Anbieter von Finanzprodukten, die auf großen Plattformen verkauft werden – einer von vielen Zulieferern in einem großen digitalen Supermarkt. Oder wir wollen diejenigen sein, die das Regal gestalten, weil wir wissen, was die Kunden wollen.“

Indikatoren für die Plattform-Hypothese

Die Indikatoren für Plattform-Hypothesen schienen offensichtlich: Die an der Marktkapitalisierung gemessen erfolgreichsten Unternehmen, zu denen die GAFAs gehörten, waren vordergründig Plattform-Unternehmen. In vielen Branchen setzten Plattformen wie Uber und Airbnb an, die traditionellen Anbieter in die zweite Reihe zu drängen. Plattform-Geschäftsmodelle verbinden  per Definition Produzenten und Konsumenten, ohne selbst Produkte zu produzieren oder anzubieten. Mit der „klassischen“ Plattformisierung schieben sich die Plattformen zwischen Kunden und Produzenten, die ursprünglich einen direkten Zugang zu den Kunden hatten. Sie machen konkurrierende Angebote vergleichbar und erhöhen so den Druck auf Preise und Margen. Zudem setzen sie Erwartungsstandards, die alle etwas mit Produktvielfalt und Auswahlmöglichkeiten zu tun haben oder auch mit der „Ein-Klick-Einfachheit“ über alle Prozessschritte hinweg. Bestellen, zahlen, liefern, zurückgeben: Daran muss sich jedes Unternehmen messen lassen – dies galt und gilt auch für Banken.

Plattform-Realität: Es gibt keine Plattform-Bank

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