Fin ja, Innovate weniger. Das ist das Fazit der Finovate Europe 2014. Keiner der 67 Präsentatoren zeigte eine „disruptive“ Innovation, die man nicht ähnlich schon auf einer der vorangegangenen Finovates gesehen hätte. Dies gilt für die technischen Innovationen im engeren Sinne, aber noch mehr im Sinne von Geschäftsmodell-Innovationen.
Die Finovate entwickelt sich weg von einem Forum, das Fintech-Startups mit Kapitalgebern und Innovationen suchenden Unternehmen zusammenbringt, hin zu einer „Präsentationsmesse“, auf der mehr oder weniger etablierte Anbieter ihre Produktneuheiten vorstellen. Trotzdem: Sie bleibt Europas größte Fintech-Veranstaltung und der Branchentreff, wenn es darum geht, Kontakte zu knüpfen und Netzwerke auszubauen.
Aus deutscher Sicht bot Vaamo die interessanteste Vorstellung. Das Frankfurter Startup launcht in Kürze die erste reine Investment-Sparplattform in Deutschland. Mit wenigen Klicks werden Kunden dort finanzielle Ziele definieren können, für die sie dann sehr einfach ihr Geld in drei breit diversifizierte Portfolios mit unterschiedlichen Rendite-Risiko-Profilen investieren können.
Aus technischer Perspektive war BehaviourSec spannend – auch einer der Best-of-Show-Gewinner. Diese Lösung identifiziert anhand von Verhaltensmustern die Nutzer mobiler Geräte. Gibt ein Bankkunde etwa seine Login-Daten in einer anderen Geschwindigkeit ein als sonst üblich, verweigert BehaviourSec den Zugriff auf das Online-Konto.
Versucht man abgesehen davon einige Trends aus dem Präsentationsmarathon zu extrahieren, lassen sich die folgenden finden:
- – Aus Mobile First wird ernst
- – Pflicht User Experience
- – Next Finance wächst zusammen
- – Next Finance wird mobil, persönlich, gamig
Mobile First wird ernst
Die Finovate-Bühne wurde beherrscht von Smartphone und Tablets. Laptops waren kaum mehr zu sehen. Fintech-Lösungen ohne Anbindung mobiler Clients sind kaum mehr denkbar, ganz gleich für welches Einsatzumfeld sie gedacht sind. Vor allem die Lösungen der Anbieter von Bankensoftware zeichneten sich gerade dadurch aus, dass sie Finanzdienstleistern einfache Wege zum mobilen Banking aufzeigten. Die Forderung des Mobile First ist nicht neu, dass es derart konsequent befolgt wurde, ist mir bisher so nicht aufgefallen.
User Experience überall
User Experience – die man im Software-Bereich früher sperrig grafische Benutzeroberfläche nannte – spielte schon immer eine große Rolle bei Fintech-Innovationen. Sie macht oft gerade das Innovative aus. Neuer ist, dass aufwendige User-Experience-Oberflächen auch in Anwendungen eingesetzt werden, die sich nicht an Endkunden richten. Dynamische, interaktive Grafiken, die sich flüssig mit Finger oder Maus beeinflussen lassen, personalisierte Dashboards mit illustrativen Widgets und eine intuitive, grafische Benutzerführung sind je nach Nutzer ein unterschiedlich umfassendes Muss für jede erfolgreiche Software (aber immer ein Muss).
Next Finance wächst zusammen
Personal Finance Management (PFM) wandert in integrierte, personalisierbare Bankenplattformen. PFM und Payment wachsen zusammen. Finanzplanung kommt noch hinzu. Kredite lassen sich auch mobil beantragen. Die Finovate hat gezeigt, die verschiedenen Next-Finance-Ansätze wachsen zusammen. Es bleibt spannend, wem es gelingt, die „Finanzhoheit“ zu gewinnen. Mobilen Nicht-Banken-Apps die immer weitere Funktionen integrieren oder Bankenplattformen, die sich mobil „ausbreiten“.
Die Finance-Zukunft: Auf jeden Fall mobil, persönlich, gamig
Wie Facebook das soziale Leben organisiert, so werden die nächsten Next-Finance-Plattformen, wer auch immer sie betreibt, das finanzielle Leben organisieren. Sie werden persönlich, mobil und hochgrafisch sein – und sie machen Spaß. Wie diese Applikationen aussehen, haben Anwendungen wir Toshl oder YourWealth auf der Finnovate-Bühne angedeutet
Wann wird Fintech wieder innovativ?
Bleibt die Frage: Wann wird Fintech wieder innovativ und wann lohnt sich die Reise zu Finovate auch wieder inhaltlich? Vermutlich dann, wenn die Innovationen, die die Agenden der digitalen Großkonferenzen beherrschen, auch in der Finanzbranche ankommen: Wearables (die erste zahlende Uhr war schon zu sehen, eine Google-Brille hatte es auch auf die Bühne geschafft), Internet der Dinge, Algorithmen, Big Data etc.